Vergangene Woche hat die GPRA-Präsidentin Christiane Schulz der lange geführten Debatte um Einstiegsgehälter in der PR-Branche und den Beitrag von Trainees am Wertschöpfungsprozess der Agenturen neuen Wind verschafft. Wir freuen uns, dass ein Thema, das für uns als Berufseinsteiger hohe Relevanz besitzt, endlich wieder Beachtung findet. Um ihr die Sichtweise der Studierenden zu verdeutlichen, haben wir gemeinsam mit den studentischen PR-Initiativen KommunikOS, PRIHO, Campus Relations, KOMMON und PRSH einen offenen Brief an Frau Schulz verfasst.
Sehr geehrte Frau Schulz,
wie schön, dass Sie die Debatte um die Einstiegsgehälter in PR-Agenturen erneut in den Fokus rücken. Sie deuten damit auf ein Problem, das uns als PR-Studierende in Deutschland alle in naher Zukunft betrifft. Daher nutzen wir gerne Ihr Angebot, mit Ihnen in den Dialog zu treten. Zu Beginn möchten wir Ihnen eine Geschichte erzählen, die sich an einer unserer Universitäten zugetragen hat:
Es war ein besonders heißer Tag des Rekordsommers 2018, als etwa zwanzig Studierende sichtlich gestresst und überarbeitet den Seminarraum betraten. Sie befanden sich gerade in der Hochphase ihrer Projektarbeit, in der sie Kommunikationskonzepte für namhafte Kunden wie Lufthansa oder Ferrero entwickelten. Die Konzeptionsphase lief unter realen Bedingungen ab. Als erfahrene PR-Beraterin können Sie sich die Stimmung so kurz vor den Pitches also genau vor Augen führen. Der Professor zeigte sich sichtlich besorgt über den Zustand seiner Studierenden. Was dann folgte, war ein Plädoyer an die Vernunft der angehenden Kommunikationsexperten: “Wer gibt Ihnen den Ratschlag, Ihre Zeit nur in die Weiterentwicklung Ihres Lebenslaufs zu investieren? Wer sagt Ihnen, dass Sie 10 Praktika, 3 Auslandsaufenthalte und dauerhaft studienbegleitend einen Werkstudentenjob machen müssen, um für die Branche wertvoll zu sein? Das sind doch immer nur die Top-Leute, die einzig für ihre Firma oder ihre Agentur leben. Glauben Sie, die sind wirklich glücklich?” Als er in ungläubige Gesichter blickt, fährt er fort: ”Machen Sie sich doch bitte frei von den Erwartungen anderer. Das sind Tipps von Menschen, die Sie nicht kennen, aber sie glauben zu wissen, was für Ihr Leben wichtig ist. Genießen Sie ihr glückliches Studierendendasein, anstatt sich jetzt schon für einen Job zu knechten, den Sie noch nicht einmal haben. Und glauben Sie mir, Sie werden trotzdem erfolgreich sein.”
Wer weckt falsche Erwartungen?
Unter den deutschen Lehrstühlen für Kommunikation mag es sicherlich die ein oder andere Kaderschmiede geben, die ein falsches Selbstverständnis und überzogene Erwartungen an den zukünftigen Arbeitgeber fördert. Wie Sie nun aber sehen, existiert auch jene Seite, die ihre Studierenden wieder auf den Boden der Tatsachen holt. Und das, obwohl viele von uns noch nicht einmal zum Höhenflug angesetzt haben. Uns geht es nicht darum, ein exorbitant hohes Gehalt zu bekommen. Was wir wollen, ist Wertschätzung für die Zeit und Arbeit, die wir in drei bis fünf Jahre Studium investiert haben. Ein Gehalt nahe des Mindestlohns, das uns in einer typischen Agenturstadt wie Frankfurt am Main, München oder Hamburg ausgezahlt wird, kommt jedoch keiner Wertschätzung gleich. Sie betonen, dass Agenturen “keine NGOs, sondern Wirtschaftsunternehmen” sind. Diejenigen unter uns, die schon einmal einen Kostenvoranschlag für den Kunden erstellt und dabei die enorme Differenz zwischen dem angesetzten Stundensatz und ihrem tatsächlichen Monatsgehalt festgestellt haben, haben nicht nur einmal hinterfragt, ob sie für das gleiche Gehalt nicht lieber in einer gemeinnützigen Organisation arbeiten sollten. Alternativ bleibt uns auch die Möglichkeit, sich für den Einstieg in ein Wirtschaftsunternehmen zu entscheiden. Bedenkt man, dass sie den Berufsanfängern im Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ein deutlich höheres Gehalt als Agenturen zahlen, scheinen sie den Wert von Kommunikation durchaus erkannt zu haben.
Es geht nicht allein ums Geld
Doch wir möchten uns nicht in eine Ecke drängen lassen, in die wir nicht gehören. Denn wir “echauffieren” uns nicht allein über Einstiegsgehälter in Agenturen. Wir sind uns darüber im Klaren, dass Agenturen sowohl mit Blick auf das Aufgabenspektrum als auch auf die Aufstiegsmöglichkeiten und Gehaltsentwicklungen Vorteile gegenüber Unternehmen bieten. Daher sollte sich die Debatte auch anderen Bedingungen zuwenden, unter denen wir in den Beruf starten. Warum gibt es beispielsweise keine flexibleren und individuellen Einstiegsmöglichkeiten? Viele von uns verfügen aufgrund von Praktika und Werkstudententätigkeit bereits über soviel Erfahrung, dass eine Verkürzung oder der Verzicht eines Trainees durchaus gerechtfertigt sind. Darüber hinaus sollte Berufseinsteigern auch das geboten werden, was im Bewerbungsgespräch versprochen wurde. Leider ist es in der Realität noch immer nicht bei allen Agenturen der Fall, dass Kundenkontakt, Weiterbildung durch Seminare und Redaktionshospitationen Bestandteil des Traineeprogramms sind – auch nicht, wenn die Agentur der GPRA angehört. Auch ein anderer Aspekt ist nicht zu vernachlässigen: Wertschätzung kann ebenso darin geäußert werden, dass der Arbeitgeber ernsthaft auf ein ausgeglichenes Berufs- und Privatleben achtet und beispielsweise Überstunden nicht mit dem Entgelt abgilt. Denn überarbeitete und gleichzeitig unterbezahlte Trainees leisten in der Tat keinen Wertschöpfungsbeitrag.
Wir geben Ihnen Recht, dass Berufserfahrung ein höheres Gehalt rechtfertigt. Gleichzeitig bedauern wir auch, dass Sie bisher viele Studenten erlebt haben, die unselbstständig arbeiten und geringe Qualifikationen mitbringen. Aber so wie Thomas Pleil und Lars Rademacher fragen auch wir uns, ob allein unsere Erfahrung unseren Wert bestimmt? Gerade weil wir PR-Studierende beim Einstieg in den Beruf immer wieder auf Quereinsteiger treffen, können wir mit unserem einschlägigen Theorie- und Methodenwissen einen besonderen Mehrwert für das Team bieten. Zudem wächst die Zahl der kommunikationswissenschaftlichen Studiengänge, die sich stärker an der Praxis orientieren und mit Experten der Branche zusammenarbeiten. Darüber hinaus engagieren wir uns in studentischen PR-Initiativen, lesen Fachliteratur, besuchen Stammtische zum Netzwerkaufbau und verfolgen aktuelle Trends auf Konferenzen. Wir finden, das zeugt sehr wohl von Selbstständigkeit.
Den Splitter im fremden Auge, aber nicht den Balken im eigenen sehen
Wenn Sie unsere Praxiserfahrung nicht als ausreichend bewerten, stellt sich uns die Frage, ob sich Agenturen nicht mehr die Mühe machen, einem Praktikanten fundierte Kenntnisse zu vermitteln. Zumindest haben wir es schon einmal erlebt, dass die geschätzten Betreuer keine Zeit hatten, uns in Projekte einzuarbeiten. Stattdessen mussten Clippings eingescannt und Besorgungen gemacht werden. Schon wieder steigt dieses Unbehagen auf, als günstige Arbeitskraft missbraucht zu werden.
Am Ende möchten wir jedoch noch einmal auf jenen Aspekt zurückkommen, um den sich die Debatte dreht. Sollten die Agenturgehälter letztendlich davon abhängen, was Unternehmen für die Beratung zu zahlen bereit sind, haben wir einen Wunsch an Sie und Ihre Kollegen: Nutzen Sie als wichtiger Verband unserer Branche Ihren Einfluss und vertreten Sie die Interessen derer, die letztlich für das Wachstum der Agenturen verantwortlich sind. Beraten Sie Ihre Kunden dahingehend, welchen Wert Kommunikation besitzt und welchen Anteil Berufseinsteiger daran haben. Denn wir sind die erfahrenen Berater von morgen.
Wir freuen uns auf einen konstruktiven Austausch mit Ihnen – beispielsweise beim PR Report Camp.
Ihre Vertreter der studentischen PR-Initiativen

kommoguntia e.V. – die studentische PR-Initiative

KommunikOS – Kommunikationsmanagement-Studierende am Campus Lingen e.V.

PRIHO e.V. – Public Relations Initiative Hohenheim

Campus Relations – PR-Ideen mit Initiative

KOMMON e.V. – Studierendeninitiative Darmstadt

PRSH – Public Relations Studierende Hannover e.V.